Teuflisch gut - Theaterauf­führung WG13

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Teuflisch gut – Theateraufführung zu Goethes Faust I in der Oberstufe WG13

 

"Habe nun, ach! Philosophie, // Juristerei und Medizin, // Und leider auch Theologie! // Durchaus studiert, mit heißem Bemühn. // Da steh ich nun, ich armer Tor! // Und bin so klug als wie zuvor." Auch nach 200 Jahren ist „Faust“ die meistgelesene und meistgespielte Tragödie in den Theatern, die in Deutschland als Nationaldrama gilt und auch immer wieder im Abitur vorkommt, so auch für die diesjährigen Abiturienten der Andreas-Schneider-Schule Heilbronn. Aus diesem Grund lud die Andreas-Schneider-Schule – mit der Unterstützung des Förderkreises  – das Theater.mobile.Spiele aus Karlsruhe am 04.02.2022 ein,  um das Stück auf die Bühne zu bringen und den Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Abiturvorbereitung ein vertieften Einblick zu gewähren, ihre Textkenntnisse und ihre kulturellen Erfahrungen mit dem Theater zu erweitern.

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Die Titelfigur Faust ist ein Grübler, Wissenschaftler und ein Einzelgänger, der die Welt durschauen und alle Geheimnisse lösen will. Als sein Streben zum Erliegen kommt, wandelt er sich durch den Einfluss von Teufel Mephisto von einem erkenntnisorientierten zu einem erlebnisorientierten Menschen, der sich zunächst in das junge Mädchen Gretchen verliebt und sie schließlich in den Abgrund reißt.

 

Genau in diesem dramatischen Spannungsfeld bewegte sich die zweistündige Theatervorstellung vom Regisseur Kreilos vom Theater.mobile.Spiele: Das Theaterensemble, bestehend aus zwei Theaterpädagogen, hat gleich zu Beginn mit dem eindrucksvollen Bühnenbild bei den Schülern gepunktet, sodass das Interesse und die Aufmerksamkeit der Schülerinnen und Schüler hoch war. Zu Beginn des Stückes entführten die Schauspieler die gesamte Kursstufe in die himmlische Sphäre des Stückes, in der Gott mit dem Teufel Mephisto eine Wette abschließt, ob der Gelehrte Faust – hier als Repräsentant der Menschheit – ein vernunftgesteuertes oder triebgesteuertes Wesen ist. Im Anschluss daran wurden die Zuschauer in das Studierzimmer von Faust gezogen. Als Symbol für Fausts Erkenntnisstreben nutzten die Schauspieler in der Szene eine VR-Brille,um den Zuschauern vor Augen zur führen, dass wir zunehmend in einer Welt leben, in der sich Fiktion und Realität immer weiter vermischen und wir uns in fremde und digitale Welten bewegen können, um aus unserem Alltag und der Monotonie des Lebens zu entkommen und neue Erfahrungen und Kenntnisse erlangen. Der Zwiespalt des Menschen und vor allem von Faust konnten die Schauspieler den Schülern somit eindrucksvoll veranschaulichen. Auch wurde der Fortschrittsoptimismus und die Wissenschaftskritik, die im Dialog von Wagner und Faust steckt, deutlich. Die Schülerinnen und Schüler erkannten diese Wissenschaftskritik vor allem in der „nerdigen“ Figur von Wagner, die nur in Büchern lebt und nach Erkenntnissen strebt, ohne dabei Genuss im Leben zu spüren. Des Weiteren führten musikalische Elemente die Schülerinnen und Schüler in die kleinbürgerliche Gesellschaft des 18. Jahrhunderts ein. Um die damaligen sozialen Herausforderungen wie Pest und Armut in die heutige Zeit zu holen, nutzten die Schauspieler den Einsatz der Corona-Maske, um das Leid der damaligen Gesellschaft mit der heutigen zu vergleichen und einen Gegenwartsbezug für die Schülerinnen und Schüler herzustellen. Mit dem Stichwort „Das also war des

Pudels Kern!" begann der Auftritt von Mephisto, eine Figur, die für die Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf die Abiturvorbereitung besonders spannend beobachtet wurde. Die Verwandlung von einem Pudel zum Teufel wurde dabei in das aufgebaute Bühnenbild integriert und der Spannungsbogen bei den Zuschauern aufgebaut. Als absolutes Highlight empfand die Kursstufe vor allem den mit Blut unterzeichnenden Teufelspakt zwischen Mephisto und Faust. Mit der Verpflichtung von Mephisto, Faust alle Wünsche im Diesseits zu erfüllen, während Faust im Jenseits ein Sklave des Teufels wird, wechselte das Setting in eine magische Atmosphäre und die Zuschauer befanden sich mit dem Wechsel des Bühnenbildes in der sogenannten Hexenküche. Die dort auftretende Hexe braute eindrucksvoll einen geheimen Trank für Faust, da dieser den Wunsch hegte, sich zu verjüngen. Damit spricht das Theater erneut ein zeitloses Thema an, nämlich den Wunsch der Menschen, lange zu leben, um so möglichst viel über die Welt zu lernen und sie in ihren ganzen Zügen zu genießen. Der im Bühnenbild verbaute Zauberspeigel, in dem sich der Schauspieler von Faust betrachtete, verdeutlichte den Schülern die Manipulationsstrategien von Mephisto, der mithilfe des Spiegels und den Anblick einer wunderschönen Frau, die Triebhaftigkeit von Faust erweckte und die Gretchentragödie vorbereitete. Die Szene markierte somit das Ende der Gelehrtentragödie von Faust, sodass die Schauspieler nun die Figur Gretchen einführten. Der um 30 Jahren verjüngte Faust begegnete nun Gretchen und verliebte sich in diese. Die Liebesszene, die von den Schauspielern ausdrucksstark und wortgewandt umgesetzt wurde, zeigte den Schülerinnen und Schüler die Triebhaftigkeit von Faust auf, die sich im Verlauf des Stückes so weit steigerte, dass er mithilfe von Mephisto zunächst die Mutter von Gretchen und dann ihren Bruder umbrachte, um Gretchen für sich zu haben. Die durch Rock-Musik untermalte Geburt und die damit verbundenen Zweifel von Gretchen, ob Faust ein reiner und religiöser Mensch ist (Gretchenfrage), markierte den dramatischen Höhepunkt des Theaterschauspiels und löste auch bei den Zuschauern Emotionen aus. Die Schauspieler zeigten den Schülerinnen und Schüler mit dem wahnhaften Zustand der Gretchenfigur auf, welche Zweifel diese Figur hatte und warum sie schließlich ihr eigenes Kind umbrachte. In eine düstere und verzweifelte Atmosphäre führten die Schauspieler die Zuschauer in den letzten Akt des Stückes hinein, indem sich Gretchen allein im Gefängnis befindet und ihr Verhalten zum Kindsmord und der Beziehung zu Faust reflektiert. Parallel dazu fordert der Gelehrte Faust Mephisto auf, dass er Gretchen retten soll. Am Ende stellten die Schülerinnen und Schüler fest, dass nicht Faust und Mephisto Gretchen retteten, sondern diese von Gott gerettet wird.

In der anschließenden 20-minütigen Nachbesprechung konnten die Schülerinnen und Schüler Fragen zur Inszenierung, aber auch zum Leben eines Schauspielers stellen: Das große Interesse an der Kulturveranstaltung zeigte sich durch eine rege Diskussion, da über Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen Textlektüre und der Theateraufführung gesprochen wurde. Insgesamt äußerte sich die gesamte Kursstufe positiv zur Theateraufführung und empfand es als Gewinn für die anstehende Abiturprüfung und Prüfungswiederholung.

Riad Rizovic, Fachlehrer